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Was macht man mit der Plazenta nach der Geburt?

Viele frischgebackene Mütter stehen nach der Geburt vor einer überraschenden Frage: Was passiert eigentlich mit der Plazenta – diesem faszinierenden Organ, das mein Baby neun Monate lang versorgt hat? Muss sie entsorgt werden? Oder kann man sie behalten – und wenn ja, warum und wozu? In diesem Artikel klären wir, welche Möglichkeiten es gibt und was du dabei beachten solltest.

Die Plazenta – mehr als nur „Nachgeburt“

Die Plazenta ist ein erstaunliches Organ: Sie versorgt das Baby im Mutterleib mit Nährstoffen, Sauerstoff und wichtigen Abwehrstoffen. Nach der Geburt hat sie ihre Aufgabe erfüllt und wird vom Körper abgestoßen – man spricht auch von der Nachgeburt. In Kliniken wird sie meist als biologischer Abfall betrachtet und entsorgt. Doch es gibt Alternativen.

Immer mehr Frauen möchten ihre Plazenta nicht einfach entsorgen lassen. Und ja – du darfst sie mitnehmen, wenn du das möchtest. Sprich diesen Wunsch am besten schon vor der Geburt in der Klinik oder im Geburtshaus an. Aus hygienischen Gründen wird die Plazenta meist luftdicht verpackt und gekühlt übergeben.

Option 1: Homöopathische Globuli aus der Plazenta

Einige Eltern lassen aus der Plazenta homöopathische Globuli herstellen – für Mutter, Kind und manchmal sogar für Geschwister. Die sogenannte „Plazenta-Nosode“ soll das Immunsystem stärken, in Übergangsphasen helfen und die Mutter-Kind-Bindung unterstützen. Wissenschaftlich belegt sind diese positiven Wirkungen jedoch nicht. 

Wie geht das? Du sendest einen kleinen Teil der Plazenta an eine darauf spezialisierte Apotheke, die daraus dann die Globuli herstellt. Diese sind in der Regel mehrere Jahre haltbar.

Option 2: Plazenta spenden

In seltenen Fällen besteht die Möglichkeit, die Plazenta zu spenden – zum Beispiel für die Herstellung von Medikamenten oder für die Stammzellforschung. Das ist allerdings nicht in jeder Klinik möglich. Frage am besten direkt bei der Entbindungseinrichtung nach, ob sie an einem solchen Programm teilnimmt.

Option 3: Die Plazenta essen – Trend oder Risiko?

Immer mehr Frauen entscheiden sich nach der Geburt dafür, ihre Plazenta mitzunehmen – oft mit der Hoffnung, sie aus gesundheitlichen Gründen zu verzehren. Vor allem in den USA, aber auch in Europa wächst dieses Phänomen. Prominente berichten in sozialen Netzwerken über Smoothies, Kapseln oder sogar Kochrezepte mit Plazenta – oft begleitet von Versprechen wie besserer Milchbildung, mehr Energie oder einem geringeren Risiko für Wochenbettdepressionen. Auch auf esoterischen und alternativmedizinischen Seiten wird die Plazenta immer häufiger als wahres Superfood gefeiert.

Doch: Wissenschaftlich belegt ist keine dieser Wirkungen. Der Gynäkologe Alex Farr von der Medizinischen Universität Wien hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Gemeinsam mit dem Weill Cornell Medical Center in New York veröffentlichte er ein Experten-Statement im American Journal of Obstetrics and Gynecology. Darin warnt er vor dem neuen Trend – aus medizinischer Sicht sei die Plazenta ein Abfallprodukt. Zwar würden manche Tiere ihre Nachgeburt fressen, doch warum genau, ist nicht eindeutig geklärt. Beim Menschen – so Farr – grenze der Verzehr der Plazenta an Kannibalismus, da sie genetisch zum Kind gehört.

Ein weiteres Problem: Die Nährstoffe, auf die sich viele Verfechter berufen, wie Eisen oder Zink, sind nur in geringen Mengen enthalten. Stattdessen finden sich in der Plazenta oft hohe Konzentrationen von Schwermetallen, die sich während der Schwangerschaft im Gewebe ansammeln. Hinzu kommt ein nicht zu unterschätzendes Infektionsrisiko: 2017 warnte die US-Gesundheitsbehörde CDC nach einem Fall, bei dem ein gestilltes Baby eine lebensgefährliche Blutvergiftung durch Streptokokken erlitt – die Bakterien stammten nachweislich aus den Plazentakapseln der Mutter. (Quelle: Medizinische Universität Wien)

Option 4: Einen Baum pflanzen – das Plazenta-Ritual

Für viele Familien ist die Plazenta mehr als nur ein medizinisches Nebenprodukt – sie steht symbolisch für Leben, Verbindung und Fürsorge. Kein Wunder also, dass das Pflanzen eines Baumes über der Plazenta für viele Eltern ein besonders berührendes und nachhaltiges Ritual ist. Es verbindet das Ende der Schwangerschaft mit einem neuen Anfang: Ein Baum wächst dort, wo einst das „Lebensorgan“ ihres Kindes begraben wurde – ein kraftvolles Zeichen für Wachstum, Stärke und Verbundenheit.

Dieses Ritual hat in vielen Kulturen eine lange Tradition. In Neuseeland etwa vergraben Angehörige des indigenen Māori-Volkes die Plazenta („whenua“) nach der Geburt im Boden – der Begriff steht sowohl für Erde als auch für Plazenta. Auch in Indonesien, Teilen Afrikas und bei Naturvölkern ist dieses Symbol des Kreislaufs des Lebens weit verbreitet.

Immer mehr Eltern hierzulande greifen diese Idee auf – oft verbunden mit einem ganz persönlichen Moment der Dankbarkeit. Manche pflanzen einen Geburtsbaum im eigenen Garten, andere nutzen einen großen Blumentopf oder einen Pflanzkübel auf der Terrasse, wenn kein eigener Garten vorhanden ist. Auch das Einpflanzen auf einem privaten Waldstück ist denkbar.

Wichtig zu wissen: Wer die Plazenta vergraben möchte, sollte das Vorhaben unbedingt vorher mit dem Geburtshaus oder der Klinik besprechen und auf eine sachgerechte Aufbewahrung achten. Das Organ muss bis zur Beisetzung gut gekühlt werden, da es sich um biologisches Gewebe handelt. Auch rechtlich ist zu beachten: Auf öffentlichem Grund darf eine Plazenta in der Regel nicht vergraben werden – im eigenen Garten jedoch ist es grundsätzlich erlaubt. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, informiert sich am besten beim zuständigen Ordnungs- oder Umweltamt.

Fazit: Du entscheidest!

Die Plazenta ist ein einzigartiges Organ, das während der Schwangerschaft eine zentrale Rolle spielt – viele Frauen möchten es nach der Geburt nicht einfach abgeben oder entsorgen. Ob als Teil eines symbolischen Rituals wie dem Pflanzen eines Baumes, als Grundlage für die Herstellung von Globuli oder zur Spende für medizinische Zwecke: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, der Plazenta eine persönliche Bedeutung zu geben. Wichtig ist, dass jede Entscheidung gut informiert und individuell getroffen wird – im Einklang mit den eigenen Werten, Gefühlen und dem gesundheitlichen Wissen. Ein offenes Gespräch mit Hebamme oder Ärztin kann dabei wertvolle Orientierung geben.

Lesetipp: Geburtsplan: Wie du dich mit einem Plan auf die Geburt vorbereiten kannst

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